Hunde in Pension: es hagelt Kritik

Hundepensionen geraten erneut in die Kritik, denn wie in jedem Berufszweig gibt es „schwarze Schafe“ auch unter den Hundebetreuern. Wir haben schon immer eine sehr klare Haltung zur Hundepension gehabt und damit nie hinter dem Berg gehalten. Was für uns eine gute Hundepension für unsere Hunde ausmachen würde – das haben wir immer versucht umzusetzen. Und dabei sind auch wir nicht selten in der Kritik, denn: „Wieso nennt ihr euch Hundepension, wenn der Tagesstätte fremde Hunde nicht betreut werden?“ bis „das ist aber eine aufwändige und langwierige Eingewöhnung um Geld zu verdienen“, um nur die netteren Anmerkungen aufzuzählen.

Auch unter Kolleginnen und Kollegen gibt es durchaus Diskussion, was eine Pension ausmacht. So durfte ich im letzten Jahr auf einer Hundetrainerveranstaltung ebenfalls in einer Diskussion erfahren, dass auch der ein-oder andere Hundetrainer eine Eingewöhnung für überflüssig hält und die Hunde direkt und ungesehen aufnimmt. Dann aber ausgestattet mit Boxen und Zwingern. Das ist eine Möglichkeit, es ist aber nicht unsere Möglichkeit.

YodaBeka
Com-Ai
Kilian-Aragorn

Dass wir son bisschen „Waldorf Bunti Hundi“ sind, ist zwischenzeitlich bekannt. Daher schwören wir auf eine gute Eingewöhnung und den Verzicht auf Boxen und Zwinger, insbesondere in der Hundepension. Die Hunde, die bei uns in Pension betreut werden:

  • Kennen uns zumindest seit einigen Monaten, wenn nicht seit vielen Jahren
  • Sind auch in der Tagesbetreuung Teil unseres Alltags und unseres Lebens
  • Kennen unsere Tagesabläufe und die Räumlichkeiten, in denen sie betreut werden
  • Sind 24/7 in Gesellschaft von uns und anderen Hunden
  • Sind in der Zeit, in der sie bei uns leben, zu einem gewissen Anteil auch unser Hund

… und was macht ihr, wenns doch mal nicht klappt?

Wir haben jetzt eine Resozialisierungshündin, die auch in Pension kommen soll. Sie darf gerade sehr zuverlässig jede Woche lernen, mit anderen Hunden umzugehen. Weil ich sie persönlich sehr gern habe, darf sie auch als Pensionsgast bei uns verweilen, denn ich werde in dieser Zeit mit dieser Hündin ausziehen. Denn wir können ihr nicht zumuten, die Nacht gemeinsam mit anderen Hunden ohne Absicherung zu verbringen.

Weil uns so viel an dieser Hündin liegt, schränkt uns das in unseren Familienwerten zeitweise ein und wir nehmen das trotzdem gern in Kauf. Das bedeutet Leidenschaft für den Beruf! Unser Glaube an diese Hündin, die tatsächlich profitiert und nicht zwangssozialisiert wird. Bei der wir wirklich glauben, dass der Knoten platzt und sie aufgrund ihrer Persönlichkeit neu lernen kann, mit anderen Hunden umzugehen, um so ein entspannteres Leben führen zu können. Etwas, wovon sie nachhaltig profitieren wird.

Es ist wie mit allem: Es gibt gute und weniger gute Angebote. Und vor allem gibt es sehr unterschiedliche Hunde!

Daher kann ein Angebot sehr gut sein, nur für den einen Hund ist es eben nicht das passende Angebot.

Das klassische Anti-Argument: „Ja wieso hat man denn dann überhaupt einen Hund“ – Ja weil Leben nun einmal einfach passiert!

Der Rüde meiner Mama war ganze 6 Wochen bei uns in Betreuung und so gut wir uns auch um ihn gekümmert haben: Da er bei einem gesundheitlichen Notfall anwesend war und nicht wusste, was mit seinem Frauchen passiert ist, war er tatsächlich traumatisiert. Obwohl er uns sehr gut kannte, zog er sich zurück, wollte nichts mehr fressen, war apathisch und angespannt. Er war regelrecht depressiv und ich würde sagen „lebensmüde“ – im Sinne von „des Lebens müde“.

Nach 6 Wochen haben sich beide wiedergesehen, er kann jetzt bei uns wieder ganz normal betreut werden, fühlt sich wieder wohl und hat zum Glück auch keine Trennungstraumatik davongetragen.

Weil das Leben eben passiert – und manche Umstände Menschen auch dazu zwingen, sich eine Alternative zu überlegen. Leider sind es sehr oft gesundheitliche und menschliche Schicksale.

Aber natürlich darf ich mir als Halter auch mal eine „Auszeit“ gönnen, in der ich meinen Hund gut betreut weiß. Ob alleine oder mit der Familie – das selbst hat auch noch Bedürfnisse! Das ist gut und richtig so.

Unser Grundsatz war immer: Der Hund muss deutlich mehr bei seinen Besitzern betreut sein als bei uns.

Es ist wie bei so vielem im Leben: Wenn wir uns nicht um uns kümmern, können wir uns auch nicht um andere kümmern.

Aragorn-Malu
Gruppe
Henry

Sei sanft mit der Leine

Ein Herzensthema, das mich immer wieder erneut bewegt. Wir merken es gar nicht, aber in der Regel sind wir alle mit unseren Leinen recht grobmotorisch.

Nicht umsonst empfehle ich immer, mit einer dünnen Leine ohne Ringe und nur mit Handschlaufe zu üben, denn es macht uns sanfter in der Bewegung.

Gestern durfte ich das einer Hundehalterin demonstrieren, die einen echten „Aha-Effekt“ hatte und merkte, wie viel sanfter und leichter sie mit neuer Leine den Hund bewegt.

Wir müssen klar kommunizieren: Das haben wir vor, hier gehen wir hin, das wollen wir tun. Dann wird unser Hund folgen.

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Dafür gibt es unterschiedliche Techniken, ich spreche meine Hunde beim Namen an, laufe los und in dem Moment, indem sie mich überholen würden, bleibe ich stehen, sodass sie das auch merken können. Das ist nämlich faires Hundetraining. Ich gebe dem Hund eine Chance auf Erfolg, den ich dann belohnen kann!

Wenn er mich dann gesehen hat und sich mir zuwendet, gehe ich einen Schritt rückwärts und lade den Hund ein, mitzugehen. Dann drehe ich mich wieder in Laufrichtig und warte wieder, bis der Hund mich überholen würde.

Diesen Vorgang wiederhole ich, denn es „zwingt“ meinen Hund auf mich zu achten und ermöglicht mir, mit lockerer Leine zu gehen. Ich wirke mit dem Stehenbleiben bereits ein, bevor mein Hund in die Leine hineinlaufen würde, denn er kann sehen, dass ich stehen bleibe. Wir wollen damit üben:

„Bitte achte auf die Leinenspannung, bitte bleib in meinem Radius“. *

Umso öfter ein Hund in die Leine rennt, umso unsensibler wird er für dieses Gefühl. Er gewöhnt sich daran, es wird „normal“. Daher üben wir das bereits mit den Welpen immer mal wieder ein paar Meter.

Ab und an prüfe ich die Aufmerksamkeit auch nochmal, indem ich den Hund körpersprachlich hinsetze. Ich setze den Hund, ich bewege den Hund.

Fragt euch in eurem Alltag doch immer mal wieder: „Wer hat hier gerade wen bewegt?“.

Fragt euch in eurem Alltag doch immer mal wieder: 
"Wer hat hier gerade wen bewegt?"

Das klingt jetzt so simpel, aber wenn ich mich im Training mit Menschen unterhalte, die ihre Hunde an der Leine halten, sehe ich dem oft ein paar Minuten zu und spreche mit den Menschen um am Ende zu sagen: „Schau mal, wir haben unsere Unterhaltung an Punkt A begonnen. Jetzt stehen wir 20 Meter weiter weg – wieso eigentlich?“. Und dann kommt in der Regel die Erkenntnis: „Der Hund hat mich bewegt. Ich bin der Bewegung meines Hundes ohne es zu merken einfach gefolgt“.

Also wer bewegt wen und wer führt wen eigentlich wohin?

Wenn mein Hund mich bewegt – wie soll mein Hund mir vertrauen, wenn ich ihn bewegen will?

Unsere Bonny hat so die ein-oder andere Unsicherheit und ich erinnere mich als sie kam, stand ich einmal vor einer Holzbrücke. In ihrer Welt war die Brücke sehr bedrohlich und angsteinflößend.

Ich habe, als ich das zum ersten Mal gesehen habe, abgebrochen – denn ich wollte Bonny erst besser kennenlernen und dann einen Plan entwickeln.

Denn wenn ich einem Plan folge, kann mein Hund mir folgen. Wenn wir gemeinsam ratlos sind, wird’s nirgends führen.

Ich habe sie dann behutsam in unterschiedliche Situationen geführt, die sie unsicher werden ließen. An einem Kindergarten vorbei, an einer viel befahrenen Straße und so weiter. Irgendwann war das Vertrauen groß genug zu wissen: „Wir gehen da gemeinsam durch“, sodass auch die Brücke kein Problem mehr darstellte.

Jemand sagte mir mal: „Stell dir vor, du stehst in einem dunklen Parkhaus und sagst zu deinem Partner: „Ich habe Angst“. Wenn dein Partner dann sagt: „Lass uns gemeinsam Angst haben“, werdet ihr die Situation nicht bewältigen. Wenn dein Partner aber sagt: „Ich habe deine Angst gesehen, aber vertraue mir, wir schaffen das“, werden eure Chancen steigen, diese Situation gemeinsam zu bewältigen“.

Dieses Bild habe ich oft im Kopf, insbesondere, wenn mir eine Situation ebenfalls Angst macht und mein Hund das natürlich nicht wissen darf :).   

Was ich damit mitgeben möchte, ist: Werde sanft mit deiner Leine. Werde aufmerksam für die Leinenspannung und frage dich immer mal wieder, wer hier gerade wen bewegt.

Für eine harmonische Beziehung, voller Vertrauen und Respekt.

 

* Randnotiz: Ich weiß, dass viele Foren & Bücher „Richtungswechsel“ bei Leinenziehern empfehlen, ohne weitere Ausführung. Die Menschen haben damit keinen Erfolg, denn sie bauen den Rahmen dazu nicht auf, wenn sie einfach nur die Laufrichtung wechseln. Deshalb macht es Sinn, hierzu ein Training zu absolvieren, denn die Koordination ist gar nicht mal so einfach, wie es scheint!

6er im Lotto

Es gibt sie, die Hundehalter, die uns vor der Anschaffung eines Hundes aufsuchen und darüber freuen wir uns immer ganz besonders! Es ermöglicht uns, individuell abzuklopfen, welchen Typ Hund diese Menschen eigentlich suchen.

Welcher Typ Hund zu ihnen passt, was sie eigentlich „brauchen“, um harmonisch mit einem Hund leben zu können.

Also kamen sie, das junge Pärchen, voller Elan aber ohne Zeitdruck. Wir stellten ein paar Fragen, zu den Menschen und ihren Lebensumständen, ihrer Arbeit und ihrem Leben, ihren Gewohnheiten und der Zukunftsplanung. Irgendwann fiel der Satz: „Na eigentlich kenne ich da einen Stafford. Der ist vom Typ her irgendwie so, wie ich mir meinen Hund wünschen würde“.

Puh, gleich ein Listenhund? Und dann noch Ersthundehalter? Aber ohne Druck im Nacken dachten wir, wir lassen uns mal auf das Wagnis ein und checkten mit unserem Verein des Vertrauens für Listenhunde, die sowieso zufällig gerade jetzt auch einen Pflegestellenplatz bei uns angefragt hatten, für einen jungen Rüden. Irgendwie im Gespräch bot sich das nette Paar an, uns den Hund zu bringen, aus Leipzig, wohlgemerkt.

Man hätte dann einen jungen Stafford in der Gegend bei uns, man könne sich ja mal beschnuppern und näher kennenlernen, eventuell ein paar Mal Gassigehen. Gleichzeitig könne man sich ja ein wenig herantasten, über den Verein den ein-oder anderen Hund auf seiner Pflegestelle besuchen.

Knoedel

Knödel, Pubertier

Nein, all das nicht. Der liebe Knödel zog noch nach der langen Fahrt gar nicht erst bei uns ein. Er blieb direkt beim Team „nur mal beschnuppern“. Die waren nämlich schockverliebt, wir noch ein wenig verhalten, denn nach der ersten Schockverliebtheit kommt oft der Blick auf die Realität: „Doch nicht das, was wir uns vorgestellt haben, doch noch zu viel Aufwand, doch zu jung“, wir hatten noch Bedenken, dass das eventuell kommen könnte.

Es kam nicht.

Knödel besuchte uns regelmäßig in der Tagesbetreuung und relativ schnell war klar: Ein junger Hund, der gerne jetzt auch eine Runde Regeln des sozialen Miteinanders lernen möchte. Ein Quatschkopf halt… aber die Halter, die würden ihn nicht mehr entbehren wollen und scheuen auch keinen Aufwand. In Kürze steht der kleine Wesenstest an, für den abschließenden Wesenstest ist das Pubertier nämlich noch zu klein. 

 

"Was willst du mal werden, wenn du groß bist?"

Freundlich. 

Charly Mackesy: Der Junge, der Maulwurf, der Fuchs und das Pferd

Derzeit begleiten wir Knödel daher auch im Training, denn es ist leichter, sich jetzt anzuschauen, welches Verhalten wir bestärken und fördern wollen, als später für Verhalten strafen zu müssen, das wir nicht richtig beigebracht haben. Es ist immer die Frage von: Wer hat hier geschlafen, mein Hund oder ich? Habe ich es meinem Hund vielleicht (noch) nicht erklärt?

Also erklären wir Knödel langsam, wie die Welt funktioniert.

Er lernt unglaublich schnell und mal abgesehen von den altersbedingten Flausen im Kopf, die ja auch irgendwie charmant sein können, ist er selbst auch ein 6er im Lotto.

Knödel heißt heute übrigens nicht mehr so. Das fällt uns jedoch sehr, sehr schwer. Für uns wirst du intern und heimlich immer ein Knödel sein. 

Manchmal ergeben sich die Zufälle so zufällig richtig, dass man zweifeln mag, ob es wirklich "Zufälle" sein mögen. Vielleicht sollt es auch genau so sein. 

 

Notiz am Rande: 
Der Staffordshire Terrier wird in den USA und Großbritannien gern "Nanny dog" genannt, der klassische Familienhund.
Man könnte den Labrador als deutsches Äquivalent bezeichnen.