
Oder doch nicht? Wir alle haben schon einmal auf ein Hund-Halter Team geschaut und gedacht: Das passt irgendwie. Die sind sich ähnlich, die „spiegeln“ sich irgendwie.
Aber ehrlicherweise sehen wir diese Paare seltener in Hundetrainings. Wir sehen die Teams, die ein deutliches „Thema“ miteinander haben und manchmal ist es das genaue Gegenteil von dem, was die Menschen sind.
Wir haben sehr reaktive Hunde an der Leine erlebt mit recht schüchternen Hundehaltern. Der Hund spiegelt hier seinen Halter nicht – er ist das genaue Gegenteil. Während Frauchen oder Herrchen jedem Stress gerne einfach aus dem Weg gehen möchte, vermutlich auch im Leben und im Alltag, sehen wir einen Hund, der brüllt: „Ne, ich hab keine Angst und ich bin auch nicht unsicher – ich hab einfach grad richtig Lust auf Streit!“. Auch wenn das die wenigsten „Leinenrambos“ sind, es gibt sie – und dann gerne mit recht zart beseelten Haltern. Halter, die ein echtes (Über-) Bestreben nach Harmonie, Ruhe und Entspannung haben. Die beim Gassi gerne einfach nur die Seele baumeln lassen möchten, ohne einer Menschenseele zu begegnen.
Stattdessen sind sie angespannt und unter Strom, immer mit beiden Augen auf ihrem Hund und der nächst möglichen Katastrophe um die Ecke
Weil bei uns Training über das klassische Konditionieren hier und umorientieren da hinausgeht, schauen wir, wenn auch ohne das zu kommunizieren, immer tiefer. Vielleicht stellt sich hier die Frage: „Was darf ich von meinem Hund lernen?“, „welchen Streit traue ich mich nicht auszufechten?“ oder auch „was traue ich mich nicht zu sagen?“. Über-Harmoniebedürftige Menschen vermeiden Konflikte und Konfrontationen und stolpern dann, spätestens, wenn sie eben genau diesen Hund ihr Eigen nennen, über ihre eigene Strategie.
Falsche Harmonie ist der Deckel auf dem heißen Topf!
Wenn man dem Gedanken ein wenig Zeit gibt und sich darauf einlässt, kommt man vielleicht zu der Erkenntnis: Greift mein Hund vielleicht eines MEINER Bedürfnisse auf? Und führt das vielleicht zu der Überlegung: „Dein Thema ist auch mein Thema“?
Das spricht von Hundetraining natürlich nicht frei. Aber es erweitert ein wenig den Horizont sich auch zu überlegen:
Wer hat hier eigentlich mit was welchen Konflikt? Oft möchte ich Hundehaltern sagen: Ein Blick auf deine Themen würde dir helfen. Obgleich ich persönlich finde, dass jeder Mensch mindestens einmal im Leben auf eine Therapiecouch gehört, ist es etwas, was ich den Menschen nicht einfach mitgeben darf. Ich bin für ihren Hund da. Also hoffe ich einfach, dass sie selbst irgendwann denken: Mensch, vielleicht schau ich mir das Thema nochmal mit einem Therapeuten/Coach/Hypnotiseure oder wem auch immer an.
Bei eben diesen Teams treffen wir dann auch auf sowas, wie: „Was denken die Nachbarn über mich, wenn die uns zwei so sehen“ Tja, das wissen wir auch nicht, wir wissen aber, dass es uns etwas über den Halter sagt: Wer das anspricht dem ist wichtig, was sein Umfeld von ihm denkt. Und es schließt sich der Kreis des Strebens nach Harmonie. Für diese Menschen bekomme ich einen besseren Zugang, denn Tom ists wirklich komplett egal, wer was von ihm denkt. Ferner noch, er kann nicht nachvollziehen, dass jemand das anders empfinden könnte.
Selbsterklärend, warum Tom es schwerfällt, für uns Menschen, die Wert darauf legen, was andere von ihnen halten, ein Mitgefühl zu haben.
Beneidenswert. Oft, wenn ich nicht schlafen kann, weil ich mir Gedanken mache, was meine Kunden wohl von mir denken, wenn ich ihnen auch mal schonungslos deutlich sage, dass es wirklich großer Mist ist ohne Regeln und Strukturen einem reaktiven Hund, der keine Strukturen kennt, 2 Stunden den Ball in die Felder zu werfen.
Ich gehe Menschen auch oft aus dem Weg, weil ich mir eben keine Gedanken darüber machen möchte, wer jetzt eigentlich gerade was denkt. Die Mühle in meinem Kopf gibt dann keine Ruhe, also flüchte auch ich vor der Konfrontation. Dann kann ich mich nämlich auf wichtige Dinge konzentrieren: Meine Hunde, meine Arbeit & meine Familie.
Deshalb gebe ich ehrlicherweise Konflikte mit Dritten oft an Tom ab – und bin einerseits dankbar, dass ich „davon gekommen bin“ und andererseits traurig, weil ich mich wieder nicht getraut habe.
Naja, da lerne ich noch, dass es irgendwie „wurscht“ ist wer was denkt. Solange wir uns morgens mit gutem Gewissen im Spiegel betrachten können.
Wir dürfen alle etwas Neues lernen – über unsere Hunde, über uns und über die Welt. Darüber, wie wir Dinge sehen und welche Meinung wir zu bestimmten Themen haben.
Wir wachsen – das dürfen unsere Hunde auch. Und am besten wachsen wir gemeinsam und aneinander.
Denn ohne Reibung keine Entwicklung.
Unsere besten Ideen entstanden aus Konflikten und gegenseitigem Herausfordern der Haltung und Meinung des anderen - aber dazu ein anderes Mal.
Dieses Hund-Halter Team haben wir übrigens weiterhin begleitet. Die Halterin begleitet seither ebenfalls eine Therapie. Wir, die Halterin und ich, haben übrigens immer noch nicht miteinander gestritten. Wer den Witz findet, darf ihn behalten.
„Schon komisch. Wir können uns nur von außen sehen, dabei passiert fast alles innen“